Bierwirth, Julian
Julian Bierwirth, seit 1975 auf der Welt, seit 2000 in Göttingen. Hauptberuflicher Möchtegern-Weltverbesserer mit Ambitionen, sein im nebenberuflichen Studium der Sozialwissenschaften akkumuliertes Wissen zum Fortgang der emanzipatorischen Transformation zu nutzen. Nach einer theoretischen und praktischen Odyssee schließlich bei der Gruppe 180° – Für einen neuen Realismus“ gelandet. Schreibt neben anderen auch auf emanzipationoderbarbarei.blogsport.de.
Verfasste Beiträge
Chronologisch sortiert
Die Welt verändert sich. Nicht nur die herrschende Weltordnung, die gesamte Menschheit stellt das vor eine Reihe schwer zu bewältigender Herausforderungen. Lange hat sich das mitteleuropäische Massenbewusstsein jedoch gesperrt, das überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Sascha Lobo führt an zehn exemplarischen Bereichen vor, was gerade alles in Veränderung begriffen ist.
Vom Spiel wird oft gesagt, es sei das Gegenteil der Arbeit. Das mag für die gedankenlose Spielerei gelten, die als irrational-selbstbezogene Tätigkeit vielleicht wirklich keinen anderen Zweck hat als sich selbst. Nicht aber für das Spiel, das von der Spielerei strikt zu trennen ist.
Anmerkungen zu Schulbetrieb und Notengebung
In ihrer Dialektik der Aufklärung formulieren Theodor W. Adorno und Max Horkheimer eine grundsätzliche Kritik an der Pädagogik: „Furchtbares“, so schreiben sie, „hat die Menschheit sich antun müssen, bis …
Es zeichnet ein gutes Buch aus, wenn die Autor*innen Geschichten erschaffen, die vor dem geistigen Auge der Leser*innen erscheinen und lebendig werden. Das gilt umso mehr, wenn …
Gegen den Kapitalismus haben ja fast alle etwas. Gerade heutzutage, nachdem das Ende der neoliberalen Boomphase der Finanzmärkte auch in den europäischen Zentren wieder deutlich gemacht hat, dass zur allseitigen Konkurrenz auch Verlierer*innen gehören.
Wenn die Wirtschaft nicht rund läuft und die Menschen in ihrer Existenz bedroht, dann bekommen wir die absonderlichsten Vorstellungen darüber zu Gehör, wer denn Schuld sein soll an dieser Situation. Mal sind es die „Arbeitsscheuen“ oder die „faulen Griechen“, mal sind es zockende Spekulanten von der US-amerikanischen Ostküste.
Der Kapitalismus ist laut Marx und Engels durch „die fortwährende Umwälzung der Produktion“ und „die ununterbrochene Erschütterung aller gesellschaftlichen Zustände“ gekennzeichnet und führe dazu, dass „alles Ständische und Stehende verdampft“ (Kommunistisches Manifest). Was Marx und Engels zunächst für Beziehungen der Menschen zueinander beschrieben haben, gilt sogar in einem wesentlich weiteren Sinne. …
Robert Kurz: Geld ohne Wert. Grundrisse einer Transformation der Kritik der politischen Ökonomie.
Horlemann-Verlag 2012, 420 Seiten, ca. 16,90 Euro
Beispiele für geplanten Verschleiß sind mittlerweile Legion. Eine beliebte Variante läuft darauf hinaus, bei der Produktion der Ware deren Haltbarkeit künstlich zu verkürzen. Über Nylon etwa hält sich hartnäckig das Gerücht, es würde während seiner Herstellung derart behandelt, dass es besonders empfindlich wird. Dann reißt der Faden schneller und der nächste Einkauf kann nicht allzu lange aufgeschoben werden. Auch bei Mobiltelefonen als vielbenutzten Alltagsgegenständen werden nicht zufällig Gehäuse mit einem gewissen Anteil Kunstleder benutzt, die sich leicht eindrücken lassen. Das sieht beizeiten nicht mehr schön aus und verleitet zum Kauf eines neuen Produktes. Doch nicht nur an Äußerlichkeiten lässt sich drehen.
Dass die Dinge in Waren- und Geldgesellschaften einen doppelten Charakter annehmen, durch den die vermeintliche Rationalität in pure Irrationalität umschlägt, ist für die meisten Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler*Innen ebenso wie für die politischen Entscheidungsträger*Innen nicht vorstellbar. Ihnen gilt gerade der eingeschränkte Blick, den sie auf die Welt werfen, als besonders menschenfreundlich.
In regelmäßigen Abständen verkünden Politiker*Innen jedweder Coleur, die Gesellschaft habe „über ihre Verhältnisse“ gelebt. Obwohl häufig gehört, macht diese Redewendung doch stutzig. Dass eine Gesellschaft in der Lage ist, „über ihre Verhältnisse“ zu leben, ist keineswegs selbstverständlich. Kein Mensch und keine Gesellschaft ist beispielsweise dazu fähig, in einem gegebenen Zeitraum mehr zu verbrauchen, als vorhanden ist.
Die Linke hat ein neues Modewort entdeckt: geplante Obsoleszenz. Der Begriff ist eine Adaption aus dem englischen Sprachraum, wo von planned obsolescence die Rede ist. Der Begriff kommt von dem Adjektiv obsolet, das so viel bedeutet wie „nicht mehr gebräuchlich“ oder „hinfällig sein“. Gemeint ist „geplanter Verschleiß“.
Das Bild des Jahres 2008 zeigt einen Polizisten, der mit gezogener Waffe eine zu räumende Wohnung durchschreitet. Durch die Immobilienkrise konnten viele Wohnungsbesitzer*Innen die Raten an die Bank nicht mehr zahlen – und dann kam die Polizei. Aber was ist mit den Menschen geschehen, die noch kurz zuvor diese Wohnung als ihr zu Hause bezeichnen konnten?
Zur Auseinandersetzung mit der Geldpfuscherei
In einer alten indischen Legende über die Erfindung des Schachspiels wird berichtet, der Erfinder des Spiels habe von seinem König für diese Erfindung nicht mehr verlangt als Weizenkörner. Ein Korn auf das erste Feld des Schachbrettes, die doppelte Menge auf das zweite Feld, wiederum die doppelte Menge auf das dritte Feld und so weiter.
Eine Rezension von Julian Bierwirth Während weite Teile der linken, außerparlamentarischen Bewegung zu einer Demonstration zum ,european day of action against capitalism‘ aufrufen, ist nun das passende Buch zur Demonstration erschienen. Der Aufruf zur Demonstration gibt die Schuld an den sich vor unseren Augen vollziehenden kapitalistischen Krisenprozessen nicht einzelnen kapitalistischen Akteu...
Streifzüge 53/2011 2000 Zeichen abwärts von Julian Bierwirth Warum also ist es die Arbeit, die den Wert schaffen soll? Die hier verfochtene Antwort lautet: weil Wert keine Naturkonstante ist, sondern ein spezifisches gesellschaftliches Verhältnis ausdrückt. Dieses gesellschaftliche Verhältnis ist die Folge der großen Transformation der traditionellen Sozialwesen in moderne Gesellschaften. Durch...
Streifzüge 53/2011 von Julian Bierwirth Wer über Arbeit reden will, sollte über die Zeit nicht schweigen. Wenn der Kapitalismus in seinem Wesen auf dem Terror der Arbeit beruht, dann ist dieser bei Lichte betrachtet nicht mehr als die Tyrannei der Zeit. Kaum etwas dürfte – neben der Arbeit – dem modernen Menschen so in Fleisch und Blut übergegangen sein wie die Zeit. Nicht nur, dass wir uns sel...
Streifzüge 48/2010 von Julian Bierwirth Der Kapitalismus macht keine Gefangenen. Er lässt „kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch als das nackte Interesse, als die gefühllose ‚bare Zahlung‘“ (Kommunistisches Manifest). Das Gegenüber zählt nur, solange es sich im Tausch als ebenbürtig erweist. Taugt es nicht dafür, kann es mir gleichgültig sein, was auch immer mit ihm passiert. Freundschaf...
In der Linken wimmelt es von falschen und geschichtslosen Antworten auf die Krise von Julian Bierwirth Seit dem Kriseneinbruch im Spätsommer 2009 ist, so scheint es, die gestalterische Kraft der Politik zurück. Die große Koalition aus SPD und CDU setzt ohne Zögern und in rasantem Tempo reformerische Ideen um, auf die innerhalb der politischen Landschaft in Deutschland bis vor kurzem noch die Li...
Der Mensch im Kapitalismus ist nicht bei sich zu Hause. Er ist den gesellschaftlichen Verhältnissen, die er doch selbst macht, ausgeliefert.